KV, das steht für „Kartellverband katholischer deutscher Studentenvereine“ und ist der Dachverband, dem auch der KStV Ravensberg angehört. Derzeit umfasst er etwa 16.000 Mitglieder und rund 90 Verbindungen an deutschen, österreichischen und schweizerischen Hochschulen.
Genau, und deswegen ist jeder Korporierte zuerst einmal in seiner Heimatverbindung aktiv – man kann es sich so vorstellen: Was im Kleinen daheim abläuft, das überträgt sich auch auf die große Skala des Dachverbandes. So wie beispielsweise die Aktiven untereinander befreundet sind, so sind es auch die Verbindungen, denn sie besuchen sich gegenseitig und stehen in regelmäßigem Austausch. Und so wie wir auf Conventen Organisatorisches besprechen, tagt auch einmal alle zwei Jahre die KV-Vollversammlung. Dabei bleiben die Ziele dieselben: Freundschaften fördern und gemeinsam die KV-Prinzipien leben.
Der Kontakt, den die Korporationen halten, will natürlich gepflegt werden. Nicht selten besuchen wir deshalb einander im Rahmen von Aktivenfahrten oder Stiftungsfesten – und das erweitert gleichzeitig den eigenen Horizont, denn innerhalb eines Semesters wirst Du so die unterschiedlichsten Teile Deutschlands bereisen! Dieses weitreichende Netzwerk steht Dir selbstverständlich auch offen, wenn Du Praktika etc. in fremden Städten absolvieren möchtest: Auf anderen KV-Häusern findest Du günstige bis kostenlose Unterkunft oder auch schlicht ein paar nette Bekanntschaften für die weitere Abendgestaltung – es wäre nicht die erste bundesweite Freundschaft in der Couleurszene, die so ihren Anfang nähme…
Der KV macht übrigens für sich selber Werbung mit dem Begriff „Mehrwert“. Was meint er damit? Nun, als Dachverband ergänzt er die Semesterprogramme der Mitgliedsverbindungen durch sinnvolle Angebote, die einzelne Korporationen nicht leisten können. Dazu gehören etwa Organisationshilfen, die Stellung von Referenten, preiswerte Fortbildungen sowie die Organisation von Aktiventagen, Fuchsenwochenenden und Versammlungen.
Alle KV-Korporationen vertreten dieselben drei Prinzipien wie beispielsweise auch der KStV Ravensberg: Religion, Wissenschaft und Freundschaft. Da das sogenannte Schlagen (das studentische Fechten) der christlichen Nächstenliebe – und damit unserem ersten Prinzip – widerspricht, führen KV-Vereine im Gegensatz zu anderen Dachverbänden keinen Degen. Genauso verzichten wir auch auf äußere Erkennungszeichen (wie das Tragen eines Bandes oder einer Kappe in Vereinsfarben) und stützen uns dabei auf unser historisches Selbstverständnis: Im Jahre 1865 trennte sich der KV von seinem ebenfalls katholischen – und bis heute farbentragendem – Bruder, dem CV. Während KVer sich damals eher als Zahnrad im Gesellschaftsgefüge ansahen und innere Überzeugung über optische Abgrenzung stellten, pflegten CVer mehr Elitedenken und wollten dies auch öffentlich bekunden. Vermutlich wäre es nicht zuviel gesagt, dass den KV allgemein eine vergleichsweise liberalere Ausrichtung kennzeichnet…
Dieses Risiko besteht und möglicherweise gefallen sich andere Verbände in einer schärfer abgegrenzten Rolle. Besonders seitdem KV-Korporationen auch Protestanten aufzunehmen dürfen (1971), bezichtigen uns kritische Stimmen der Beliebigkeit – andere wiederum sehen im Attribut „KV“ eine Art Gütesiegel, denn es steht in der Verbindungsszene traditionell weder für exzessive Hierarchien, noch für krankhafte Verbindungs-Aufopferung und schon gar nicht für politischen Extremismus! Wir Ravensberger jedenfalls haben bislang gute Erfahrungen damit gemacht, einen Mittelweg zwischen diesen beiden KV-Flügeln, zwischen Einheits-Profil und Toleranz einzuschlagen.
Säkularisierung und Entchristlichung, das waren Mitte des 19. Jahrhunderts die vorherrschenden Strömungen in der Gesellschaft. Dem entgegen stellten sich damals zunehmend junge Akademiker, die sich trotz ihrer wissenschaftlichen Ausrichtung einen Einklang mit der Religion wünschten. Man schrieb schließlich das Jahr 1853, als in Berlin der „Katholische Leseverein“ gegründet wurde. Diese Verbindung gilt als ältester Verein des KV, weitere entstanden bald in Breslau, Bonn, Tübingen, Innsbruck, Würzburg und – last but not least – Münster.
Auf dem 16. Deutschen Katholikentag in Würzburg 1864 begründeten diese sieben Korporationen den sogenannten „Würzburger Bund“. In der Folgezeit scheiterten jedoch alle Anstrengungen, diese lose Formation straffer als Verband zu organisieren. Daraufhin wurde er bereits im nächsten Jahr wieder aufgelöst: Hier begann die Trennung von KV und CV, unserem Bruder-Dachverband.
Im Januar 1866 bildeten alsdann fünf Verbindungen den Verband der katholischen Studentenvereine: Askania-Burgundia Berlin, Arminia Bonn, Unitas Breslau, Germania Münster und Walhalla Würzburg. Sie alle verzichteten auf das Farbentragen sowie auf andere Äußerlichkeiten, um sich nicht von ihren wissenschaftlichen und religiösen Grundsätzen ablenken zu lassen.
Durch Öffentlichkeits-wirksame Arbeit gelangte der KV zur Jahrhundertwende zu großem Ansehen unter den Studenten, was sich in einem steilen Anstieg der Mitgliedszahlen spiegelte. Als Folge spalteten sich unzählige Verbindungen, da sie teilweise über 100 Aktive zählten. Bei Ausbruch des ersten Weltkrieges bestand der KV bereits aus 51 ordentlichen und drei befreundeten Vereinen. Nach massiven Einbrüchen während der Kriegsjahre überflutete 1919 eine Welle von Rückkehrern die deutschen Universitäten, zahlreiche Neugründungen folgten.
Eine harte Prüfung drohte dem KV danach in der NS-Zeit. Noch im Jahre 1932 hatte der KV seinen Mitgliedern die Zugehörigkeit zu NS-Gliederungen verboten. Doch nach der Machtübernahme Hitlers wurde der Freiraum der Korporationen arg beschnitten: Nach vergeblichem Widerstand wurde der KV schließlich am 20.11.1935 in Hannover aufgelöst. Informellen Kontakt hielten die Kartellbrüder trotzdem, denn anders ist der schnelle Wiederaufbau nach Kriegsende nicht zu erklären. Schon 1949 beschloss die junge Aktivitas, dass alle in Würzburg erfassten KV-Korporationen wieder ordentliche Mitglieder seien.
Nun, niemand kann leugnen, dass das Interesse an Studentenverbindungen in der Nachkriegszeit allgemein stark nachgelassen hat. Obwohl die Hörsäle heute weit voller als noch vor 50 Jahren sind, haben die Studenten andere Probleme: Das Streben nach einem guten Studienabschluss in möglichst kurzer Zeit konkurriert mit der Einsatzbereitschaft in einer Verbindung. Hemmungen vor langfristigen Bindungen stehen dem Lebensbundprinzip entgegen. Auch Religion und Glaube haben in der heutigen Gesellschaft einen anderen Stellenwert eingenommen.
Gleichgültigkeit und fehlendes Engagement für andere sind aber nicht die Eigenschaften, auf denen sich eine Korporation aufbauen lässt. Hier steht der KV vor der vielleicht größten Herausforderung seiner Geschichte – soziale Veränderungen machen schließlich auch vor uns nicht halt und drum sind Modernisierungsideen allgegenwärtig! Umso wichtiger ist es also, nicht stur an den KV-Prinzipien festzuhalten, sondern „Religion, Wissenschaft und Freundschaft“ immer wieder neues Leben einzuhauchen…